Richtfest beim Projekt Housing First

Am 8. Mai 2020 wurde im Karl-Imhoff-Weg in Hannover-Vahrenwald der Grundstein für fünfzehn Mietwohnungen für Wohnungslose gelegt. Die Stiftung EIN ZUHAUSE errichtet die Mietwohnungen nach dem Housing-First-Prinzip. Im Dezember 2018 hatte der Rat der Landeshauptstadt Hannover beschlossen, ein „niedrigschwelliges Wohnangebot“ für Wohnungslose zu ermöglichen. Die Stadt hat das Erbpachtgrundstück in Vahrenwald dafür zur Verfügung gestellt.   
Für die Finanzierung werden Mittel der sozialen Wohnraumförderung von Land, Stadt und Region bereitgestellt. Entworfen wurde das Projekt von dem hannoverschen Büro MOSAIK Architekten BDA in Kooperation mit dem Freiraumplanungsbüro GrünPlan. Das Bauunternehmen Gundlach GmbH & Co KG errichtet das Gebäude als Generalübernehmer.

„Wir freuen uns sehr, dass wir der Stadt und der Region Hannover in diesem wichtigen sozialen Projekt als Partner zur Seite stehen können. Mit dem ‚Dach über‘m Kopf‘ soll eine stabile Basis geschaffen werden, von der aus die unterschiedlichen Probleme der Bewohner*innen mithilfe individueller Betreuung angegangen werden können“, sagte Professor Eckart Güldenberg, Vorsitzender der Stiftung EIN ZUHAUSE im Rahmen der Grundsteinlegung.  

„Mit dem Bau dieser Wohnungen gelingt uns ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur in Hannover. Dieses neue Konzept zum Abbau von Wohnungslosigkeit setzt hier punktgenau an, denn es kombiniert zwei wichtige Bereiche - Wohnen und individuelle Betreuung. Ich freue mich sehr, dass die Stadt in der Stiftung EIN ZUHAUSE einen guten und kompetenten Partner für die Umsetzung des Ratsbeschlusses gefunden hat und dass wir hierbei von der Evangelischen Kirche, der Diakonie sowie zahlreichen Spender*innen unterstützt werden“, sagte Oberbürgermeister Belit Onay während der Veranstaltung.

„Die heutige Grundsteinlegung setzt ein Zeichen dafür das Gebot der Nächstenliebe und das Menschenrecht, ein Dach über´m Kopf zu haben. In der Zeit der Corona-Pandemie wird sichtbar, dass die Armen in Deutschland und weltweit am meisten leiden. Wohnungslose können ja gar nicht zuhause bleiben!“, sagte Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann.



 

Bild: A. Sonnenberg

Eckart Güldenberg, Vorsitzender der Stiftung Ein Zuhause: "Wohnen ist ein Menschenrecht! Leider sind immer noch viel zu viele Menschen gezwungen, auf der Straße zu leben. Wir freuen uns, dass mit diesen 15 Wohnungen Menschen direkt von der Straße in eine Neubauwohunung einziehen können! Wir bedanken uns bei allen Unterstützern, Spendern und Förderern. Nur durch dieses breite Engagement vieler ist es möglich geworden, in so kurzer Zeit dieses erste Haus zu bauen. Dennoch ist es nur ein Anfang. Um weitere Projekte zu realisieren, benötigen wir als Stiftung dringend weitere finanzelle Unterstützung."

 

Bild: Hans Schaper

Grußworte von Diakoniepastor Rainer Müller-Brandes:

Draußen wird es kälter - die Tagestreffs für Wohnungslose sind eh klein und durch Corona noch kleiner geworden - einfach, weil die Abstandsregel dazu führt, dass nur wenige einen Platz finden.
Und jetzt?
Vor der Tür lassen?
Das ist nur ein Problem. Eines von vielen.
Housing first ist eine Lösung. Eine Lösung von vielen.
Es ist richtig, dass wir die ausprobieren.
Und man muss ja mal sagen:
Wahnsinn!
Als wir das erste Mal darüber sprachen, als Sie, Herr Güldenberg von der Idee erzählten, dachte ich: Klasse. Ich dachte aber auch: O.K. bis das auf den Weg kommt, das dauert.
Und jetzt stehen wir beim Richtfest.
Mehr geht nicht.
Wir sind in Vielem gut in Deutschland. Leider auch in der Überregulierung.
Hier heute stehen zu dürfen, zeigt, dass es geht.
Dass Probleme gelöst werden können.

Zumal das Thema uns weiter beschäftigen muss:
Es gibt zu wenig kleine Wohnungen, die erschwinglich sind. Besonders hier in Hannover.
Die Zahl der Belegsrechtswohnungen sinkt. Trotz aller Anstrengenden. Bauen braucht Zeit.
Wenn eine halbe Million Menschen bundesweit nach Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe wohnungslos sind, dann müssen wir etwas tun.    
Und es werden mehr.
Runde Tische sind wichtig. Bauen, bauen bauen ist noch wichtiger.  

Zudem: Die Zahl wohnungsloser Menschen unter 25 Jahren steigt.  
Die sind in der Diskussion oft gar nicht im Blick. Die sollen seit der sog. Instrumentenreform zu Hause wohnen, wenn sie keine Wohnung haben. Machen sie aber nicht.   
Sie wohnen lieber drei Wochen bei dem einen Freund, dann drei Wochen beim anderen. Und dann? Zurück nach Hause?
Funktioniert nicht.  
Es gäbe noch viele Stichworte zu sagen:
Etwa die gesundheitliche Versorgung von Wohnungslosen und und und.

Eines lassen Sie mich aber noch sagen:
Die Zuwanderung aus Osteuropa.  
Wenn wir ehrlich sind: Hier kommen wir zum Teil inhaltlich und auch emotional an unsere Grenzen.
Die Verständigung ist schwierig, Alkoholmissbrauch als Folge eines fehlenden sozialen Netzes macht es nicht leichter.  
Weiterführende Angebote haben wir für „Werner“. Für Wladimir nicht - er ist nicht anspruchsberechtigt. Wladimir bleibt in der Regel aber hier. Und jetzt?
Genug der Stichworte.

Aufgaben gibt es genug:
Aufgaben, die uns schon die Bibel mit auf den Weg gibt:  
„Die, die ohne Obdach sind, führe ins Haus.“
In dieser Tradition verstehen sich die diakonischen Gründungsmitglieder der Stiftung,
Und ich kann nur sagen:
Genau das brauchen wir doch in unserer Gesellschaft: Menschen, die nicht nur reden, sondern tun.
Deshalb danke allen, und da schließe ich gleich die Bauarbeiter mit ein, danke allen, die das möglich gemacht haben.
Und dafür sorgen, dass hier nicht nur ein Haus, sondern ein Zuhause entsteht.
Deshalb weiterhin gutes Gelingen und: Gottes Segen für eure Arbeit.

 

 

Bild: A. Sonnenberg

Das Housing-First-Konzept sieht in der Umsetzung wie folgt aus: Wohnungen werden von der Sozialen Wohnraumhilfe gGmbH an Wohnungslose mit üblichem Mietvertrag vermietet. Das Housing-First-Konzept soll durch individuelle Betreuungsangebote eine beschleunigte Stabilisierung und nachhaltige Integration der ehemals Wohnungslosen ermöglichen und dadurch auch zu Kosteneinsparungen der öffentlichen Hand führen. "Von den Erfahrungen, die die Beteiligten mit dem Modellprojekt sammeln, erhoffen wir uns die Übertragung auf weiter Projekte" so Güldenberg. Dafür wird eine Evaluierung durch wissenschaftliche Begleitung vorbereitet.

Für die Finanzierung der 15 Mietwohnung werden mittel der sozialen Wohnraumförderung von Land, Stadt und Region in Anspruch genommen. Kleine und größere Spenen in Höhe von bisher etwa einer ahlben Million Euro sichern das notwendige Eigenkapital. Diese Finanzierung sowie die Beschränkung auf geringe Wohnflächen und geschickte Grundrisse ermöglichen langfristig niedrige Mieten. "Jeder andere Investor kann zu den gleichen Gemeinwohl orientierten Bedingungen bauen und vermieten", so Güldenberg.

Das Modellprojekt, angemessene Wohnungen mit individueller Betreuung für Wohnungslose zu kombinieren, wird von der öffentlichen Hand, der Evangelischen Kirche, der Diakonie sowie zahlreichen Spenderinnen und Spendern unterstützt.

Bilder: Hans Schaper

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